Debatte zu CETA

Herr Präsident (Frau Präsidentin),
liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Gespenst „CETA“ ist Gegenstand der laufenden Debatte, die wir dem Antrag der Fraktion „Die Linke“ aus dem Juli diesen Jahres mit dem Titel „ CETA auch aus Bremen aus verhindern!“ zu verdanken haben.

Ich nehme an, dass die Autoren dieses Antrags auch zu den Demonstranten am vergangenen Wochenende gehörten, bei denen in mehreren deutschen Großstädten versucht wurde, das Schreckgespenst CETA und TTIP zu vertreiben.

Das Ganze hatte, zumindest war das mein Eindruck, mehr den Charakter eines Festivals oder eines Karnevalsumzugs wie in Köln. Auch beim Karneval will man ja bekanntlich die bösen Geister des Winters vertreiben.

Dann am Montag, der sichtlich erleichterte SPD-Parteivorsitzende, Sigmar Gabriel, der auf dem Konvent der SPD dem linken Parteiflügel eine grundsätzliche Zustimmung zum Freihandelsabkommen mit Kanada abringen konnte – wenn auch unter erheblichen Auflagen. Der Beschluss ist allerdings mit so vielen Bedingungen verknüpft, dass er in der Realität de facto schwer umsetzbar sein dürfte.

Es gilt: CETA ist ausverhandelt. CETA ist das beste und fortschrittlichste Freihandelsabkommen, das die EU bisher je erreicht hat.

In seiner Funktion als Bundeswirtschaftsminister hat Sigmar Gabriel – und das muss man ihm hoch anrechnen – erreicht, dass der ursprüngliche Plan der privaten Schiedsgerichte verworfen und durch einen internationalen Investitionsgerichtshof ersetzt wurde, dessen 15 Richter von Kanada und der EU ernannt werden, der öffentlich tagt und über eine Berufungsinstanz verfügt.

In CETA ist es gelungen, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen, z.B. die Beauftragung von Eigenbetrieben verbindlich abzusichern.

Den Vertragspartnern ist es weiterhin möglich, die Daseinsvorsorge nach ihren Vorstellungen zu organisieren sowie Bereiche wie Bildung, Gesundheit, Soziales, Umwelt, Kultur und Medien auch zukünftig zu regulieren. Das Vorsorgeprinzip im Verbraucherschutz bleibt unangetastet.

Das alles war auch schon vor dem SPD-Parteikonvent bekannt!

Nicht umsonst zählt der Vorsitzende des Handels-ausschusses im Europäischen Parlament, der Sozialdemokrat Bernd Lange, zu den überzeugten Befürwortern des Abkommens. Die Bremer SPD und Bürgermeister Sieling hatten sich allerdings in der Vergangenheit mit ihrer Kritik an CETA und in ihrer linken Ecke verkrochen. Jetzt, nach Ende des Parteikonvents,
sind plötzlich alle sehr zufrieden…

So geht offenbar Politik!

Aber genug des Spotts, das Freihandelsabkommen mit Kanada ist zu wichtig und mir liegt daran, die Bedeutung und Chancen des Abkommens noch einmal kurz darzustellen. Deshalb haben wir gemeinsam mit der FDP-Fraktion ja auch einen Antrag eingebracht, dem wir den Antrag der LINKEN entgegenstellen.

Ein freier und fairer Welthandel ist gerade für den Standort Bremen als achtgrößter Industrie- und zweitgrößter deutscher Hafenstandort von immenser Bedeutung!
Die Hälfte der in Bremen hergestellten Industriegüter geht in den Export! Damit rangiert Bremen nach Baden-Württemberg an zweiter Stelle. Im Jahr 2015 hat Bremen Waren im Wert von 212 Millionen Euro nach Kanada exportiert. Davon allein Fahrzeuge im Wert von 180 Millionen Euro.

Von CETA profitiert der Automobilstandort Bremen und der Autoumschlag in Bremerhaven. Doch nicht nur große Unternehmen, nein, viele kleine und mittlere Unternehmen profitieren vom Abbau von Zöllen und doppelten Genehmigungsverfahren, sowie von der umfassenden Marktöffnung im öffentlichen Beschaffungswesen.

Weder aus Bremer Sicht noch als Außenstehender konnte man daher die kritische Haltung eines hoch verschuldeten und von hoher Arbeitslosigkeit gebeutelten Bundeslandes und dessen Regierung nachvollziehen.

Wenn jetzt mit dem Beschluss des SPD-Parteikonvents alles gut ist, prima! Dann können Sie ja auch unserem Antrag zustimmen.

Herr Präsident (Frau Präsidentin),
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Debatte hat gezeigt: Die SPD und ganz besonders die Bremer SPD befindet sich auf einem wirtschafts-politischen Wackel-Kurs, der unserem Land schadet. Und Sie bringt wirklich nichts voran….

Von den LINKEN und den GRÜNEN, die sich bei dem Thema CETA und TTIP in großer Einigkeit befinden, will ich gar nicht sprechen, denn von Ihnen erwarten wir nichts anderes. Sie betätigen sich als Sprachrohr von Populisten, die mit Halbwahrheiten und Behauptungen argumentieren, um Angst und Stimmungen in der Bevölkerung zu schüren.

Lobby-Organisationen wie „foodwatch“, „campact“ oder „attac“ geht es erkennbar nicht um die Sache, sondern um die Mobilisierung und Gewinnung von Anhängern. Und die erreicht man nun mal am besten mit einfachen und dramatischen Parolen.

Dabei möchte ich gar nicht verhehlen, dass zur Beginn der Verhandlungen im Jahr 2009 schwere Fehler in der Kommunikation der Abkommen gemacht wurden. Die fehlende Transparenz der Verhandlungen, alles hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, bot den Kritikern und den Angstschürern den notwendigen Raum, um mit Begriffen wie dem „Chlorhühnchen“ die Themen zu besetzen. Das war eine völlige Fehleinschätzung der Initiatoren, die nur schwer zu korrigieren ist.

Die neue EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat nach ihrem Amtsantritt im November 2014 eine große Transparenzinitiative gestartet. Seitdem veröffentlicht die EU-Kommission regelmäßig Positionspapiere und Textvorschläge zu verschiedenen Verhandlungskapiteln zu TTIP, außerdem erstellt sie detaillierte Berichte über jede einzelne Verhandlungsrunde und veröffentlicht diese im Internet.

Für CETA kam dies zugegebenermaßen zu spät, denn das Abkommen ist seit Herbst 2014 ausverhandelt. Dennoch: Der Vertragstext liegt öffentlich vor, jeder kann ihn aus dem Internet runterladen und lesen. Als CDU-Fraktion begrüßen wir die Bereitschaft der kanadischen Regierung und der EU-Kommission, im Rahmen des weiteren Verfahrens noch rechtsverbindliche Klarstellungen zu interpretationsbedürftigen Formulierungen zu treffen.

Das meiste von dem, was attac & Co. behaupten, steht im Vertragstext nicht drin.

Wir als CDU-Fraktion plädieren für eine sachliche Debatte, die die Sorgen der Menschen ernst nimmt und diese faktenbasiert beantwortet.

Nach der Unterzeichnung von CETA im Europ. Rat wird es einen umfassenden Ratifikationsprozess sowohl auf Ebene des Rates und des Europäischen Parlaments als auch der nationalen Parlamente geben. In Deutschland ist die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat erforderlich. Dabei ist größtmögliche Transparenz und positive Unterstützung aller politischen Akteure gefragt!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Bettina Conradi